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Wenn der Garten Trauer trägt

Seit Jahrhunderten versuchen Züchter, eine Blume mit schwarzer Blüte zu schaffen. Das ist nie gelungen. Aber schon die bisherigen Ergebnisse strahlen eine ganz besondere Faszination aus.

von Christa Hasselhorst


Die Schönheit eines Gartens entsteht durch seine Farbenpracht, seine Fülle leuchtend bunter Blumen. Denn er soll "reines Vergnügen an der Schönheit sein", schrieb im 19. Jahrhundert Gertrud Jekyll, die Grande Dame englischer Gartenkunst. Doch Schönheit ist relativ, und müssen Pflanzen immer bunt sein? Müssen sie nicht! Schwarze Blumen sind seit Jahrhunderten ein begehrtes Objekt und gerade wieder in Mode.

Dabei muß man weder Weltschmerz noch Liebeskummer haben, kein Dandy oder Desperado sein, um sich für schwarze Blumen zu begeistern. "Ich glaube auch nicht, daß sie von Melancholikern favorisiert werden", sagt Christopher Bradley-Hole, einer der bekanntesten zeitgenössischen Gartendesigner. Aber der Mann ist Engländer, die gelten nicht nur als Experten höchster Gartenkunst, sondern auch als Exzentriker.

Bradley-Hole empfindet schwarze Blumen nicht als düster oder trist: "In der richtigen Kombination, zum Beispiel mit hellem Grün oder Euphorbia, kann es gar erfrischende Inspiration sein." Im Park des Schlosses Ippenburg, wo jeden Sommer die unterschiedlichsten Schaugärten zu besichtigen sind, ist ihm nun ein Meisterwerk gelungen, das perfekt zum diesjährigen Motto "Jenseits von Eden" paßt.

Dort ziehen die dramatisch dunklen Blüten der Iris "Black Tie" und die Köpfe der Sanguisorba "Red Thunder" zwischen Wogen grüner Gräser die Aufmerksamkeit auf sich. Ebenso attraktiv hat der nonkonformistische Brite seine Lieblingspflanzen arrangiert, die kaffeebraune Schokoladenkosmee (Cosmos atrosanguineus), die schwarzbraune Rudbeckia occidentalis und die Samtscabiose "Chile Black", deren Blütenrosetten von so samtigem tiefdunklen Rot sind, daß man sie unweigerlich berühren möchte. Gerade weil Schwarz das Licht negiert, erhält sie durch eine schimmernde Oberfläche betörenden Glanz.

Die Summe dieser fast schwarzen Schönheiten ist eingefaßt in streng geometrisch geschnittene Würfel aus Hainbuche und Taxus in zarten bis kraftvollen Grüntönen. Diese Kulisse gibt dem Ganzen eine fast magische Kraft.

"Les Fleurs du mal" heißt dieses schwarz-grüne Kunststück. Als Bradley-Hole den gleichnamigen Gedichtband des Franzosen Charles Baudelaire las, wurde er angeregt, dieser dekadenten Poesie dreidimensionale Gestalt zu geben. Der Dichter schwärmte von der "Schönheit des Bösen". Und in unserem Kulturbegriff ist Schwarz der Inbegriff des Bösen, Symbol für Tod und Teufel und Trauer.

Aber warum versucht der Mensch ausgerechnet im Garten, dem Abbild des Paradieses, wo er auftanken und die Seele erfrischen soll, Beete mit Trauerflor zu garnieren? Weil er von den Abgründen, den dunklen Seiten ebenso abgestoßen wie fasziniert ist. (Nicht nur im Film und auf der Bühne übt der Bösewicht meist die größere Anziehungskraft aus). Deshalb wird auch seit Jahrhunderten nach der vollkommenen schwarzen Blume gesucht. Und gerade weil nur ganz wenige Pflanzen naturgegeben schwarz blühen, zum Beispiel schwarzer Schlangenbart, versuchen Züchter, der Natur ihre Passionen aufzuzwingen.

Schon im Zeitalter des Tulpenwahns, im 16. Jahrhundert, versuchten sich die Holländer an der Züchtung einer schwarzen Tulpe. Heute ist "Queen of Night" die größtmögliche Annäherung. Eine wahrhaft schwarze Blume ist allen Experimenten zum Trotz noch immer nicht geglückt, die meisten sind Variationen tiefsten Violetts.

Die Iris "Hello Darkness" mit ihrem samtigen, ins Schwarze changierenden Purpur steht hoheitsvoll im Beet, ebenso attraktiv sind Iris Chrysographes und die Sorten "Black Beauty", "Black Velvet" "Kew Black" und "Barbata Eliator Superstition". Atemberaubend artifiziell wirken fast nachtschwarze Veilchen wie "Molly Sanderson" oder "Bowles Black" und beinahe rabenschwarze Stiefmütterchen (Viola X Wittrockiana "Black Moon" und "T&M's Black Pansy").

Das Stiefmütterchen "Faust" wurde nach der gleichnamigen Oper des Franzosen Charles Gounod benannt und war im ausgehenden 19. Jahrhundert eine Sensation im mondänen Paris. Die Schriftstellerin Colette merkte damals stolz an: "Es ist kaum weniger schwarz als meine Samtjacke ... und alle Bekannten kamen, um es zu bewundern!" Das bescheidene Blümlein in Schwarz kommt am besten über hellem Kies oder apfelgrünem Moos zur Geltung.

Es gibt dunkelste Dahlien ("Arabian Night" und "Nuit d'été") und eine düster-violette Schachblume (Fritillaria persica "Adiyaman"), die schwarze Variante der Stockrose (Alcea rosea nigra) wirkt dank ihrer hellgelben Blütenmitte weniger trist. Diesen Aufheller hat auch die Pfingstrose "Monsieur Martin Cahuzac". Nichts besitzt jedoch soviel Magie wie eine schwarze Rose, sie ist die Krönung jener morbiden Mode, die in die Nicht-Farbe Schwarz verliebt ist.

Von imposant-düsterer Eleganz sind Rosen wie "Mildred Scheel", "Schwarze Madonna" oder "Barkarole". Der Samtglanz der 2002 von Meilland gezüchteten Edelrose "Black Baccara" hat auf viele Betrachter eine Aura aufreizender Dekadenz. Doch da widerspricht Christopher Bradley-Hole: "Für mich symbolisieren schwarze Blumen nicht mehr Dekadenz als einen schwarzen Anzug zu tragen oder das kleine Schwarze. Schwarz ist einfach eine gute Design-Farbe, stark und klar!" Statt stets die klassischen Farbkombinationen zu wiederholen - er enthält sich als höflicher Brite konkreter Beispiele -, ermutigt er Gartenbesitzer zu mehr dunklen Blumen: "Unüblich, überraschend, ein aufregender, herausfordernder Gegensatz!"

Die Schaugärten des Schlosses Ippenburg (Bad Essen bei Osnabrück) sind bis zum 26. August jeden Sonntag geöffnet - www.ippenburg.de

Quelle: Welt am Sonntag

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